Lisberg (Oberfranken/Bayern)

Wirtschaft | Oberfranken  Datei:Lisberg in BA.svg Lisberg ist eine Kommune mit derzeit ca. 1.700 Einwohnern am Rande des Steigerwaldes - ca. 15 Kilometer westlich von Bamberg gelegen (Kartenskizzen von 'Oberfranken', aus: oberfranken.de  und  'Landkreis Bamberg', Hagar 2010, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Im Dorf Lisberg wird erstmals um 1740 eine jüdische Gemeinde erwähnt; diese unterstand damals dem Distriktsrabbinat Burgebrach; möglicherweise lebten bereits im 17.Jahrhundert Juden in der Ortschaft.

Um 1800 waren 21 jüdische Familien im Dorf ansässig; von ihnen besaßen dann später 17 eine Matrikelstelle.

Über ein eigenes Synagogengebäude verfügte die Lisberger Judenschaft nicht; gottesdienstliche Zusammenkünfte fanden in einem Wohnhause statt, in dem ein Synagogenraum eingerichtet war. 1871 wurde das Gebäude umgebaut; aus dieser Zeit stammt auch die folgende Bauskizze:

       Planskizze des Gebäudes mit Synagoge in Lisberg (1870)

Die jüdischen Kinder besuchten nach 1830 bis ca. 1870 die kleine israelitische Religionsschule in Kolmsdorf, die zunächst nur für die Kinder der dort lebenden Familie Silbermann eingerichtet worden war, dann aber auch von den Kindern der jüdischen Gemeinden Trabelsdorf und Walsdorf besucht wurde.

Anm.: Nachdem 1869 keine Juden mehr in Kolmsdorf lebten und auch der Lehrer seinen Wohnsitz nach Walsdorf verlegt hatte, wurde die Religionsschule nach Walsdorf/Trabelsdorf verlegt. 

Inmitten der Feldflur südlich des Dorfes lag der jüdische Friedhof; dieser war spätestens 1739 angelegt worden und nahm auch Verstorbene aus Lisberg und Trabelsdorf auf; zuvor waren die Toten auf dem Friedhof in Walsdorf beerdigt worden.

Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Burgebrach.

Juden in Lisberg:

         --- um 1750/60 ................. ca.  12 jüdische Familien,

    --- um 1790 .................... ca.  20     “       “    ,

    --- 1811 ...........................  84 Juden (ca. 16% d. Bevölk.),

    --- um 1825 ........................  17 jüdische Familien,

    --- 1840 ...........................  77 Juden (ca. 11% d. Bevölk.),

    --- 1852 ...........................  60   “  ,

    --- 1867 ...........................  39   "   (ca. 6% d. Bevölk.),

    --- 1875 ...........................  30   “  ,

    --- 1880 ...........................  39   “  ,

    --- 1890 ...........................  26   “  ,

    --- 1900 ...........................  15   “  ,

    --- 1925 ...........................  eine Jüdin.

Angaben aus: Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942), S. 232

 

Ihren Lebensunterhalt bestritten die Juden Lisbergs im 19.Jahrhundert als Viehhändler, Schnittwarenhändler und Hausierer.

Auf Grund ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation setzte nach 1840 eine Abwanderungsbewegung ein, die einen Teil der jüdischen Dorfbewohner erfasste: Auswanderung in die USA und Abwanderung in größere deutsche Städte führten zu einer deutlichen Verkleinerung der Gemeinde. Gegen Ende des 19.Jahrhunderts verstärkten sich dann die Auflösungstendenzen der Lisberger Synagogengemeinde. Mit dem Anschluss an die Kultusgemeinde Trabelsdorf im Jahre 1904 endete die Geschichte der Lisberger Gemeinde. Wenige Jahre später wurde das Gebäude, in dem sich der Betraum befand, an eine jüdische Kaufmannswitwe verkauft, die es dann wenig später an eine nicht-jüdische Familie weiter veräußerte (Anm.: Das Gebäude ist bis heute erhalten).

1940 verließ die letzte jüdische Bewohnerin das Dorf, sie übersiedelte in ein Altersheim nach Regensburg; von hier aus wurde sie deportiert und ermordet (vgl. dazu: alemannia-judaica.de/lisberg_synagoge.htm).

 

Auf dem mit einer Mauer umgebenen Friedhof – diese wurde erst in den 1980er Jahren neu errichtet - findet man heute noch ca. 120 Grabsteine. Bis um 1975 war noch das Taharahaus erhalten; nur Grundmauern weisen auf dessen ehemaligen Standort hin.

undefined Lisberg Jüdischer Friedhof 004.JPG

Jüdischer Friedhof in Lisberg (Aufn. GFreihalter u. Jan Eric Loebe, 2010/2011, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 3.0)

2016 wurde in der Kommune Lisberg (Bamberger Straße im Ortsteil Trabelsdorf) der erste sog. „Stolperstein“ verlegt; ein Jahr später folgten weitere fünf Steine, die Angehörigen der Familie Liffgens gewidmet sind. Derzeit findet man im Ort insgesamt 14 messingfarbene Gedenktäfelchen.

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20431/Trabelsdorf%20Stolpersteine%20Familie%20Liffgens.jpgFünf Steine für Familie Liffgens (Abb. VG Lisberg, aus: alemannia-judaica.de)

Seit 2023 ist nun auch in englischer Sprache ein „Gedenkbuch“ vorhanden, das insbesondere für die Nachfahren der ehemals in Lisberg und Trabelsdorf wohnhaft gewesenen jüdischen Bewohner erstellt wurde.

 

[vgl. Trabelsdorf (Bayern)]

 

 

Weitere Informationen:

Klaus Guth (Hrg.), Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800 - 1942). Ein historisch-topographisches Handbuch, Bayrische Verlagsanstalt Bamberg, Bamberg 1988, S. 228 - 236

Israel Schwierz, Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern - Eine Dokumentation, Hrg. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1992, S. 228

Michael Trüger, Der jüdische Friedhof in Lisberg, in: "Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern", 15. Jg., Nr. 82/2000

Johann Fleischmann (Hrg.), Mesusa 3. Spuren jüdischer Vergangenheit in Aisch, Aurach und Seebrach. Die jüdischen Friedhöfe von Zeckern, Walsdorf, Aschbach, Uehlfeld, Mühlhausen, Lisberg, Burghaslach und Reichmannsdorf, Mühlhausen 2002, S. 279 - 308

Lisberg, in: alemannia-judaica.de

Auflistung der in Lisberg (im Ortsteil Trabelsdorf) verlegten Stolpersteine, online abrufbar unter: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Lisberg

Christa Horn (Red.), Stolpersteine, online abrufbar unter: vg-lisberg.de (2018)

Christa Horn, Gedenkbuch für die jüdische Bevölkerung in den ehemaligen Gemeinden Trabelsdorf und Lisberg,, Hrg. Gemeinde Lisberg 2019

Marion Krüger-Hundrup (Red.), Dem Vergessen entrissen. Schüler des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums haben den jüdischen Einwohnern von Lisberg und Trabelsdorf mit einem „Gedenkbuch“ ein Denkmal gesetzt, in: „Fränkischer Tag“ vom 10.7.2019

Marion Krüger-Hundrup (Red.), Erinnerung wachhalten – berührende Lektüre für Nachfahren verfolgter Juden, in: „Fränkischer Tag“ vom 20.6.2023